Text: | Der Begriff Stalking bezeichnet ein komplexes Täterverhalten, das dem des Mobbing teilweise entspricht, aber in einem anderen Kontext ausgeübt wird. Es geht hier vor allem um Belästigung, Verfolgung, Überwachung und sonstige Behelligung, die häufig, aber nicht immer, auf dem Begehren des Täters oder der Täterin (- man nennt diese »Stalker« -) beruht, das Opfer zu einer Beziehung mit ihm zu bewegen oder dieses zu schikanieren, weil es sich weigert, dem Ansinnen des Täters zu folgen. Im weitesten Sinne kann hier also von »Psychoterror« gesprochen werden, der in der Regel auf der Wahnvorstellung des Täters beruht, das Opfer werde oder müsse die Zuneigung des Täters erwidern. Wenn der Täter merkt, dass sein Bemühen um Aufmerksamkeit erfolglos bleibt, kann seine Motivation in Hass, Rache oder Vergeltung umschlagen. Die Bezeichnung »Liebeswahn« ist jedoch kein Synonym für Stalking, sondern lediglich der Grund, warum ein Teil der Täter handelt.
Heute wird oft auch dann von Stalking gesprochen, wenn eine solche Motivation des Täters, also ein enges Verhältnis zum Opfer herzustellen, nicht vorliegt - salopp gesagt: wenn der Täter von vornherein keine Zuneigung (»Liebe«) gegenüber dem Opfer empfindet -, sondern wenn er es ausschließlich, aus welchen Gründen auch immer, drangsalieren will. Ein Motiv hierfür kann in Rachegelüsten des Täters für vermeintlich erlittene Kränkungen oder Rechtsverletzungen liegen.
Die Tathandlungen sind vielgestaltig und daher kaum vollständig zu benennen. Charakteristisch ist, dass sie eine gewisse Kontinuität und Häufigkeit aufweisen. In manchen Fällen wird das Opfer über mehrere Monate oder gar Jahre hinweg vom Täter behelligt. Ein Stalking-Fall dauert - statistisch gesehen - im Durchschnitt ca. zwölf Monate. Viele Fälle dauern jedoch weitaus länger - bis zu mehreren Jahren.
In ca. zwei Drittel aller Fälle kennen sich Opfer und Täter aus einer früheren Beziehung (Ex-Lebenspartner und -Ehegatten) oder etwa von der Arbeit (Ex-Arbeitskollegen). In Fällen von sog. »Prominenten-Stalking«, d. h. wenn z. B. Schauspieler, Moderatoren, Sportler, Popstars etc. von einem aufdringlichen Fan behelligt werden, kennen sich die Parteien in der Regel nicht.
------------------ KARLSRUHE (lsw). Ein arbeitsloser Diplomingenieur, der seine frühere Lebensgefährtin mit bis zu 60 Anrufen täglich belästigt hat, ist zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe bestätigte eine entsprechende Entscheidung des Landgerichts Konstanz. Dieses hatte die 18-monatige Haftstrafe nur deshalb zur Bewährung ausgesetzt, weil der 52-jährige "Stalker'' sich zu einer Psychotherapie bereit erklärt hatte. "Stalking'' ist das zwanghafte Verfolgen und Belästigen einer Person.
Der Mann aus Südbaden hatte seine frühere Partnerin zischen 1998 und 1999 mehr als ein Jahr lang zu Hause oder am Arbeitsplatz angerufen und sie mit sexuellen Kraftausdrücken beschimpft. Er lauerte ihr auf, stieg mit einem Nachschlüssel in die Wohnung ein und hängte in ihrer Wohngegend beleidigende Plakate auf. Selbst die Zuteilung von Geheimnummern half der 40-jährigen Frau nicht, der Mann konnte sie ausfindig machen - wie, das ist bis heute ungeklärt. Mit einem Aushang, auf dem er die Frau als "männersuchend'' beschrieb, verbreitete er die Telefonnummer, sodass die Frau auch von obszönen Anrufen Unbekannter heimgesucht wurde. Im Sommer 1999 drohte die Situation schließlich zu eskalieren. Der Diplomingenieur verfolgte mit seinem Auto die Frau, die mit ihrem neuen Freund einen Motorradausflug unternahm. Von der Seite drängte er sie in voller Fahrt auf die andere Fahrbahn, nur mit Mühe konnte das Opfer damals einen Unfall verhindern.
Wegen der massiven Belästigungen hatte das Landgericht Konstanz auf Körperverletzung, Beleidigung, Hausfriedensbruch und gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr erkannt und dem Mann den Führerschein entzogen. Das Oberlandesgericht Karlsruhe verwarf jetzt die Revision des Angeklagten, damit ist das Urteil des Landgerichts rechtskräftig. Verweigert der Mann die Therapie, muss er tatsächlich ins Gefängnis.
Aktenzeichen 3 Ss131/00 Beschluss vom 24.Januar 2001 - www.olg-karlsruhe.de
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